Die Welt des Winzers
Carol Duval-Leroy
Die Grande Dame des Champagners
Ihr Name steht für Exzellenz. Das Erbe ihres verstorbenen Mannes verwandelte sie in eine Erfolgsgeschichte. Ein Treffen anlässlich ihrer dreissigjährigen Tätigkeit an der Spitze eines der führenden Champagnerhäuser.
Wie blicken Sie auf diese dreissig Jahre an der Spitze von Duval-Leroy zurück? Welche Errungenschaften, welche Herausforderungen kommen Ihnen da sofort in den Sinn?
Carol Duval-Leroy Im Allgemeinen blicke ich ungern zurück, ich bin vielmehr eine Frau der Tat und Gegenwart, die im Hier und Jetzt lebt! Nichtsdestotrotz, sind für mich die dreissig Jahre Karriere ein wunderbares Jubiläum und ich bin natürlich sehr gerührt und voller Stolz, wenn ich an all das denke, was wir in diesen Jahren erreicht haben.
Seit ich die Firma 1991 nach dem Tod meines Mannes, Jean-Charles, übernahm, habe ich unser Versprechen, die Übergabe des Unternehmens an unsere Söhne Julien, Charles und Louis sicherzustellen, nachgelebt. Jean-Charles vertraute mir die Firma an, obwohl ich nicht aus der Welt des Champagnerweinbaus stamme. Ursprünglich aus Belgien, auf natürliche Weise zur Kunst der Gastronomie hingezogen, musste ich alles sehr schnell erlernen! Die ersten fünf Jahre habe ich überwiegend mit dem Beobachten, dem Erlernen und dem Eintauchen in das Leben des Unternehmens und in das Champagner-Umfeld verbracht. Die Tatsache, eine Frau zu sein stellte zur damaligen Zeit, in einer traditionalistisch geprägten Welt, gewiss eine Herausforderung dar. Heute bin ich mir des Glücks wohl bewusst, welches ich mit meinem wunderbaren, starken und loyalen Team hatte, das dem Unternehmen treu blieb und mich auf dem Weg in dieses Universum, immer mit Rat und Tat zur Seite stehend, begleitete.
Ein prägender Augenblick in Ihrer Laufbahn?
C. D.-L. Der absolut fantastische Jahrgang 1996 hat es mir ermöglicht, meine Position zu behaupten und die Leitung des Hauses vollständig zu übernehmen. Rund um die Cuvée Femme de Champagne haben wir neue visuelle Gestaltungen entwickelt und unseren Champagner für den Export positioniert. Mit der Zeit wurde ich zudem zur Botschafterin des Hauses und des Champagners im Allgemeinen. Wir haben das grosse Glück in einer Welt der Leidenschaft und nicht zuletzt auch des Luxus zu leben, und dies sollte man jederzeit zu geniessen und zu schätzen wissen. Anschliessend ist es die Rückkehr meiner Kinder, die das Fortbestehen des Unternehmens, welches mich so stolz macht, sicherzustellen: Julien, der heute stellvertretender Generaldirektor ist, Charles, der als Vertriebsdirektor tätig ist und Louis, der für die Public Relations-Arbeit verantwortlich ist. Somit habe ich das Gefühl, meine Aufgabe erfüllt zu haben, wohlwissend, dass sich das Unternehmen in guten Händen befindet. Nun kann ich mich meiner Familie zuwenden und mehr Zeit mit meinen Enkeln verbringen. Ich bin jedoch nach wie vor auch täglich im Büro präsent!
Es gibt wenige Frauen in Positionen wie der Ihren. War dies schwierig oder im Gegenteil eher eine Chance?
C. D.-L. Für mich ist die Tatsache eine Frau zu sein nur in den Augen der anderen positiv oder negativ. Ich persönlich bin für meinen starken Charakter bekannt! Natürlich übte zu Beginn meine Position als Frau, bis dahin ungewöhnlich in der Champagner-Branche, einen zusätzlichen Druck aus, die Kollegen aus der Branche schauten zuweilen amüsiert oder gar mit Geringschätzung auf meine ersten Schritte im neuen beruflichen Umfeld. Ich stellte mir jedoch keine Fragen, mein Augenmerk war stets auf das Hauptziel gerichtet, nämlich auf die Einhaltung des Versprechens, das ich meinem Mann gab, das Einzige was wirklich zählte. Selbstverständlich war ich dabei nicht auf mich allein gestellt. Heute haben sich die Mentalitäten zum Glück geändert, und es gibt viele Frauen in den Önologie- und Sommelierschulen! Familienweingüter werden an Frauen weitervererbt und so wird es allmählich als absolut normal angesehen, endlich! Bei Duval-Leroy sind 43% der Frauen in Schlüsselpositionen tätig. Da denke ich insbesondere an Sandrine Logette-Jardin, unsere Kellermeisterin, die dem Unternehmen 1991 als Qualitätsverantwortliche beitrat. Mit Sandrine teilen wir die gleiche Vision was den Champagner anbetrifft, den gleichen Enthusiasmus und die Entschlossenheit, Ausnahmechampagner anzubieten. Gemeinsam haben wir parzellenbezogene Weinbereitungsmethoden entwickelt, und zwar bevor dies zum Markttrend wurde, wir haben darüber hinaus die Weinpalette für Assemblagen erweitert, den Fassbestand erneuert, Holzsorten und deren Röstgrade diversifiziert und vieles mehr… Es ist eine gemeinsame Arbeit, dank der wir elegante Champagner erzeugen können, die uns ähneln. Dem weiblichen Konzept oder eher der weiblichen Assoziation beim Champagner kann ich nicht 100% zustimmen, obgleich unsere Spitzen-Cuvée Femme de Champagne heisst! Es ist vielmehr der Drang zum Ausdruck eines Werdegangs, einer Identität.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihres grossen und schönen Hauses?
C. D.-L. Es ist nicht mehr an mir, die Zukunft unseres Unternehmens zu gestalten, sondern an meinen drei Söhnen. Und ich freue mich überaus zu sehen, dass dies für sie eine wahre Herzensangelegenheit ist, dass Sie die Firma wertschätzen und sie in vollem Glanz leuchten sehen wollen. Wir erzeugen Champagner von grösster Finesse, und das wird von Weinliebhabern, Sommeliers und Köchen anerkannt. Es ist eine konstante Grösse, die allen neuesten Modetendenzen und Trends widersteht und somit auch unsere Idee widerspiegelt und unserer Einstellung Ausdruck verleiht. Der Champagner muss getrunken, genossen und gefühlt werden und ein Wein der Geselligkeit, des Vergnügens und des Feierns bleiben. Meine Söhne haben dies verstanden und arbeiten jeden Tag daran, diese Positionierung zu erhalten und zu stärken.
Welche Beziehungen pflegen Sie zu Ihrer Schweizer Kundschaft?
C. D.-L. Die Schweiz ist so nah! Ich liebe es, das Land zu besuchen, weil hier eine ganz besondere, herzliche Atmosphäre herrscht, insbesondere gilt dies für die Region um den Genfersee, die ich etwas besser kenne. Von Genf bis Lausanne gibt es eine wunderbare gastronomische Vielfalt, jeder Betrieb ist individuell ausgerichtet und einzigartig in seinem Charakter. Die sehr aktive kulinarische Szene mit einer Menge an neuen Angeboten, die weit über das Übliche hinausgehen. Vor allem schätze ich aber die schweizerische Geselligkeit. Ich stelle fest, dass ich bereits seit einiger Zeit nicht mehr in der Schweiz war. Das muss ich ändern!