Weinwissen
Das "Terroir"
Auch wenn man oft, oder vielleicht gar zu oft, den Begriff « Terroir » zu hören bekommt, wird er nicht immer vollumfänglich verstanden. Dabei ist er gar nicht so abstrakt.
Laut der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) heisst es: « Das Weinbauterroir ist ein Konzept, welches sich auf ein Gebiet bezieht, auf dem ein kollektives Wissen über die Wechselwirkungen zwischen der physikalischen und biologischen Umwelt und den angewandten Rebbau- und Weinbereitungsverfahren entwickelt wird, die den aus diesem Gebiet stammenden Erzeugnissen, sie kennzeichnende Charaktereigenschaften verleihen. »
Einfacher ausgedrückt, bezeichnet das Terroir sämtliche Faktoren (natürliche und menschliche) des Ökosystems der Weinrebe, und zwar :
• den Boden
• das Klima
• die Topographie
• den Menschen, der eine offenbarende Rolle spielt
Einige verbinden damit ein 5. Element und zwar die Rebsorte. Jedoch ist die Rebsorte eher als Instrument des Terroirs zu verstehen, als ein Element aus dem das Terroir besteht. Zusammenfassend ist es das Terroir, das dem Wein seine Identität und Einzigartigkeit verleiht und letztendlich eine Ursprungsregion definieren kann.
Betrachten wir dies etwas genauer und schauen uns drei heimische Terroirs etwas näher an!
Das Terroir des Dézaley
Inmitten dieser Rebbergterrassen, mit der einer Kathedrale würdigen Architektur, findet der prächtig gedeihende Chasselas seinen höchsten Ausdruck. Beleuchten wir die Faktoren, die zur Zusammensetzung dieses Terroirs beitragen:
Böden: Lehm- und kalkreich, mit Unterböden aus Molasse- und überwiegend Sandsteinschichten. Die Böden sind gut strukturiert und verfügen über eine gute Wasserdurchlässigkeit und Durchlüftungskapazität. Die Anordnung der Terrassen trägt zur Stabilisierung und Vertiefung der Böden bei und ermöglicht dadurch den Wurzeln eine Tiefe von über 2 Metern zu erreichen.
Klima: Nach Süden ausgerichtet, den Genfersee überblickend, profitiert der Weinberg von derRückstrahlung der Sonne (See und Rebbergmauern) und dem Schutz vor den Klimaschwankungen.
Topographie: Schwindelerregende Hänge, mit bis zu 100% Neigungswinkel.
Mensch: Bereits im 12. Jahrhundert rodeten die Zisterzienser-Mönche diese Böden und erricheteten Steinmauern, um Reben anpflanzen zu können. Heute teilen sich 60 Erzeuger und Händler die Bewirtschaftung der Weinberge im Dézaley.
Vorzeige-Rebsorte: Chasselas (Gutedel), die Parade-Rebsorte, deckt 90% der Rebfläche. Besonders empfänglich für die Bodeneigenschaften, lässt der Chasselas hier einen reichhaltigen, komplexen Wein, mit Noten weisser Blumen, Früchte und Feuerstein sowie einem bemerkenswerten Alterungspotential heranreifen.
Das Terroir von Chardonne
Dieses auf den Anhöhen von Vevey gelegene Ausnahme-Terroir ist ausgesprochen lehm- und kalkhaltig, mit von Moränenablagerungen durchsetzten Unterböden (Gestein aus abgerundeten Trümmern, die vor 20 bis 30 Millionen Jahren durch Gletscherbewegungen entstanden sind).
Böden: vergleichsweise tief, kieshaltig und mässig kalkhaltig.
Klima: nach Süden hin ausgerichtet, mit einer optimalen Sonneneinstrahlung.
Topographie: Terrassierte, den Genfersee überragende Rebberge, die an die steilen Abhänge der östlichen Ausläufer des Lavaux angrenzen.
Mensch: Wie auch in allen anderen Weinbergen des Lavaux, war es der Mensch, der das Terrassenrelief formte.
Dieses Terroir bietet ausgesprochen vorteilhafte Bedingungen für den Anbau von Chasselas, lässt jedoch auch weitere Rebsorten, wie Pinot Noir und Merlot, prächtig gedeihen.
Das Terroir von Yvorne
Yvorne ist zweifelsohne das renommierteste Terroir des Chablais. Wussten Sie jedoch, dass es nach einem tragischen Ereignis entstanden ist?
Am 4. März 1584 wurde das unterhalb liegende Dorf von Yvorne fast vollständig von einem Erdrutsch des Tours d’Aï Felsmassivs begraben. Rund zwanzig Jahre verbringen die Dorfbewohner damit, das Dorf wieder aufzubauen und die umliegenden Ländereien wieder urbar zu machen. Im Laufe der Jahrhunderte wird dieses aus Geröll und Schotter bestehende Terroir, ausgesprochen vorteilhaft für den Rebbau, in ein Ausnahmeweingebiet umgewandelt, das dem Chasselas seinen einzigartigen mineralischen Charakter verleiht, wie es der Chasselas Grand Cru des Clos du Rocher wunderbar bezeugt.
Böden: Mit Kies durchsetzte, ton- und kalkhaltige Böden.
Klima: Mit allen Vorteilen eines durch den Föhn beeinflussten Mikroklimas.
Topographie: Am Felsen liegend, geschützt von kalten Winden.
Mensch: Yvorne erlangte sein Prestige und seine Bekanntheit durch das Fachwissen der Winzer, das im vollen Respekt gegenüber den Traditionen und der Natur im dem Rebberg angewandt wird.