Apulien
Apulien: primitivo, und noch viel mehr
Im Süden Italiens verfügt Apulien über die grösste Auswahl an Reben. Darunter viele alteingesessene, andernorts unbekannte oder ausgestorbene Sorten.

Die Regionen Apuliens sind schon seit den Phöniziern und Griechen als Stätten des Weinbaus bekannt.
Apulien ist der Absatz des italienischen Stiefels. Von Foggia, beim Sporn, bis nach Lecce, beim Absatz, erstreckt sich die Region über 400 Kilometer Länge. Hügelige Ebenen wechseln ab mit Hochplateaus, die mit 300 Höhenmetern nicht wirklich hoch sind. Die Böden sind steinig und karg. Kalkhaltige Unterböden aus der Kreidezeit werden von eisenoxidreichen Schichten aus dem Tertiär und Quartär überlagert. Das schafft ideale Voraussetzungen für den Weinbau. Das Klima ist trocken und heiss. Im Salento, zwischen dem ionischen Meer und der Adria sorgen Winde für kühle Nächte, wie es diese für den Qualitätsweinbau benötigt.
Die roten Rebsorten
Im Mittelmeerklima wachsen vor allem rote Spezialitäten. Primitivo (in Kalifornien Zinfandel genannt) und Negroamaro ergeben samtige und würzige Weine mit schwarzer Beeren- und Pflaumenfrucht. Sie begleiten viele Klassiker der italienischen Küche.
Malvasia Nera bringt Frische in Assemblagen.
Nero di Troia (auch Uva di Troia) ist eine hoch geachtete rote Sorte und wird heute von den Winzern gerne in den Vordergrund gestellt. Sie reift am spätesten von allen Rebsorten. Für die Aromenbildung ist diese längere Vegetationsperiode jedoch nur von Vorteil. Ausserdem bringt Nero di Troia die kräftigsten Gerbstoffe mit, was langlebige Weine garantiert. Im Alkohol schiesst sie kaum über das Ziel eines mittleren Wertes hinaus.
Weitere rote Sorten sind Sangiovese, Montepulciano und Aglianico, mit denen sich insbesonder auch die Winzer in den Nachbarprovinz Basilikata von andern abheben.
Die weissen Rebsorten
Die einheimischen Weissweinsorten Pampanuto und Bombino Bianco haben nur regionale Bedeutung. Auch mit Weinen aus Verdeca, Bianco d’Alessano und Trebbiano Toscano gibt es an internationalen Wettbewerben keinen Blumentopf zu gewinnen. Interessant sind hingegen Weine aus Fiano-Trauben. Experimentiert wird auch mit ausländischen Rebsorten wie Sauvignon Blanc, Chardonnay und Pinot Blanc. Daraus entstehen leichte, reintönige Weisse, die die neu eingeschlagene Richtung in Apulien aufzeigen. Auch beim Rosé wird viel versucht. Denn in der Hitze des Südens steigt die Nachfrage nach frischen, säurebetonten Weinen.

Locorotondo, Italien. Panoramablick auf die Stadt, bekannt für ihre Weine und ihre kreisförmige Struktur, heute ein historisches Zentrum.
Lange wurde in Apulien mehr auf Massenproduktion denn auf Qualitätsanbau gesetzt. Ein grosser Teil der tiefdunklen und kräftigen Weine peppen nach wie vor als anonymer Bestandteil alkoholstarker Verschnittweine, oder als Traubenmostkonzentrat, die schwächeren Tropfen des Nordens auf. Die apulische Weinquelle scheint nicht zu versiegen. Deshalb blieben viele Weine des Südens in der Namenlosigkeit verborgen. Sie konnten sich unter Weinliebhabern nie etablieren. Dazu kommt, dass auch der Massenkonsum in Italien selber rückläufig ist. Mit der Einführung der kontrollierten Ursprungsbezeichnung gelang es den Produzenten entsprechend gute Weine hervorzubringen.
Heute zählt Apulien vier DOCG- und 28 DOP*-Gebiete. Dazu kommen sechs IGT**-Weine.
* Denominazione di origine protetta (entspricht der geschützten Ursprungsregion). ** Indicazione Geografica Tipica (entspricht bei uns dem Landwein)
Letztere haben dazu geführt, dass die einzelnen Rebsorten vermehrt sortenrein gekeltert und abgefüllt wurden. Weine mit kontrolliertem Ursprung übersteigen selten mehr als zwei Prozent der Gesamtproduktion. Für 60 Prozent der apulischen Weinproduktion zeichnen Winzergenossenschaften verantwortlich.

Der Name der Rose (1986), berühmte filmische Adaption des gleichnamigen Romans des Schriftstellers Umberto Eco
Die Regionen Apuliens sind schon seit den Phönizier und Griechen als Stätten des Weinbaus bekannt. Die Römer priesen vor allem den Wein von Tarentum, wo nach den Worten von Horaz «ewiger Frühling» herrschen sollte. Auch nach dem Sturz des römischen Reiches blieb Apulien eine aktive Weinregion. Unter wechselnder Herrschaft – von Byzantinern und Sarazenen über Langobarden, Goten und Normannen bis zu Staufern, Venezianern, Aragonesen und Bourbonen.
Der Stauferkaiser Friedrich II., auch König von Sizilien und Jerusalem, liess das Castel del Monte errichten. Das Bauwerk aus dem Jahr 1240 ist seit 1996 Unesco-Welterbe, ein Touristenmagnet. Die Bibliothek diente als Vorlage für jene im Film «Der Name der Rose». Apulien ist neben dem Land des Weines auch ein Land der Tafeltrauben und des Olivenöls.